Invaliditätsgrad berechnen

Wie hat die Unfallversicherung eigentlich die Invalidität berechnet?


Invalidität Unfallversicherung

Die Antwort auf diese Frage stellt viele Versicherte vor eine große Herausforderung.


Dabei ist es ganz einfach und eher ein mathematisches „Problem“ als ein versicherungsrechtliches.

In meinem Artikel Invalidität – Entschädigung nach Gliedertaxe bin ich auf den Rechenweg bereits kurz eingegangen. Dieser Artikel soll sich nun ausschließlich und etwas detaillierter mit der Berechnung befassen.

Achtung: Nur weil die Berechnung des Versicherers ggf richtig ist, heißt das nicht zwingend, dass auch die Einschätzung an sich korrekt ist. In diesem Beitrag geht es nur um den Rechenweg an sich.

Sie brauchen folgende Werte aus Ihren Unterlagen:

  • Grundsumme des Versicherungsvertrages (bei schwereren Verletzungen auch die Regelungen hinsichtlich Mehrleistung, Progression und/oder Unfallrente)
  • Die Gliedertaxe
  • Das Gutachten mit der Einschätzung des Arztes

Beispiel: Sie haben 100.000,00 € als Grundsumme versichert. Ihr Bein wurde verletzt. Das Bein ist nach Ihrer Gliedertaxe 70% Wert, der Arzt bewertet den Dauerschaden mit 1/10 Bein.

Die Berechnung der Invalidität des Unfall-Versicherers sieht dann so aus:

Grundsumme (Versicherungssumme):        100.000,00 €
volle Invalidität Bein:                                    70%
hiervon 1/10                                                             7.000,00 €

Rechenweg:
1/10 von 70% = 7% (Rechnung 70:10); 7% von 100.000,00 € = 7.000,00 €

Variante mit 80% Beinwert nach Gliedertaxe:

Grundsumme (Versicherungssumme):        100.000,00 €
volle Invalidität Bein:                                     80%
hiervon 1/10                                                             8.000,00 €

Rechenweg:
1/10 von 80% = 8% (Rechnung 80:10); 8% von 100.000,00 = € 8.000,00 €

Variante mit 70% Gliedertaxe und Einschränkung um 3/7.

Grundsumme (Versicherungssumme):        100.000,00 €
volle Invalidität Bein:                                     70%
hiervon 3/7                                                               30.000,00 €

Rechenweg:
3/7 von 70% = 30% (Rechnung 70×3:7); 30% von 100.000,00 € = 30.000,00 €

Sollten Sie eine Progression versichert haben, finden Sie die Tabelle in Ihren Unfallversicherungsbedingungen. Nachstehend eine Beispieltabelle mit 225er Progression:

Progressionstabelle

In diesem Fall würden Sie bei einem Invaliditätsgrad von 30% eine Entschädigung von 35% erhalten; also 35.000,00 €.

Wenn Ihr Vertrag eine Mehrleistung vorsieht, müssen die Invaliditätsgrade i.d.R. deutlich höher liegen. Gängig sind Verträge mit 2facher Mehrleistung ab 70% und 3facher Mehrleistung ab 90%. In diesen Fällen verdoppelt sich die Grundsumme ab einem Invaliditätsgrad von 70% bzw. verdreifacht sich ab einem Invaliditätsgrad von 90%.
Es gibt aber auch noch andere Varianten (Grenzen).

Beispiel:
Verlust des Beines; Beinwert nach Gliedertaxe = 80%, Mehrleistung 2 fach ab 70%

Grundsumme (Versicherungssumme):        100.000,00 €
Mehrleistung ab 70%                                    200.000,00 €
volle Invalidität Bein:                                     80%
hiervon 1/1                                                              160.000,00 €

Rechenweg:
1/1 von 80% = 80%;  80% von 200.000,00 € = 160.000,00 €

Manche Versicherer stellen ihre Berechnungen auch etwas anders dar. Jeder Versicherer hat da sein eigenes Schema. Nichts desto trotz bleibt die Berechnung bzw. der Rechenweg immer gleich, so dass Sie mit den Zahlen und dem hier aufgezeigten Rechenweg die Berechnung gut nachvollziehen können sollten.

Sollten Sie sich zusätzlich fragen, ob auch die Einschätzung in Ordnung ist, können Sie den Invaliditätsgrad gerne bei mir prüfen lassen. Stellen Sie hierzu unverbindlich Ihre Kostenanfrage. Ich brauche hierfür Unterlagen von Ihnen. Welche Unterlagen ich brauche, teile ich Ihnen mit, wenn Sie mich kontaktiert haben.

Informationen zur Bemessung des Invaliditätsgrades finden Sie in meinem Artikel: Invaliditätsgrad richtig bemessen


Angela Baumeister

gebürtige Düsseldorferin, mit Leib und Seele seit 2009 in eigener Kanzlei als Rechtsdienstleisterin (Versicherungsberaterin) tätig. Schwerpunkte: Berufsunfähigkeit Rentenanspruch und Invalidität. Weitere Infos? Gerne: Mehr über Angela Baumeister erfahren Oder anrufen: +49 (0)2154 9534770

14 Comments

Thomas Gewitz · 19. Februar 2015 at 16:59

Alles schön und gut. Doch wie berechnet sich der Invaliditätsgrad bei mehreren Unfällen.

Angela Baumeister · 19. Februar 2015 at 19:58

Eine Vorinvalidität wird bei der Bemessung berücksichtigt bzw. dann in Abzug gebracht. Die Rechnung bleibt gleich, nur dass vom ermittelten Gesamtinvaliditätsgrad dann eben der Grad der Vorinvalidität abgezogen wird. Das gilt natürlich nur, wenn es um dasselbe Körperteil geht, z.B. 2 x linker Arm gebrochen. Bei einmal links und einmal rechts Armbruch, hat das keine Kürzung zur Folge und beide Arme werden jeweils voll entschädigt mit o.a. Berechnungsgrundlage.

    Klaus · 4. März 2015 at 16:47

    Hallo
    Hätte da eine Frage und zwar wie läuft dass ab wenn man 2 mal am selben Knie operiert worde aus verschiedenen Verletzungen aber nach der 1. Verletzung keine bleibende Invalidität festgestellt worden ist?

      Angela Baumeister · 5. März 2015 at 15:35

      Wenn der erste Unfall folgenlos ausgeheilt war/ist, dann gibt es auch keinen Grund bei dem 2. Unfall zu kürzen. Ob der 1. Unfall wirklich folgenlos ausgeheilt ist, wird ggf. gutachterlich zu klären sein. Möglich ist auch, dass das Thema Mitwirkung relevant wird. Ohne Kenntnis der kompletten Akte ist das aber Stochern im Nebel. Das kann man seriös nicht beantworten.

        Klaus · 5. März 2015 at 15:57

        Danke für die Antwort
        Also fremdeinwirken war definitiv nicht vorhanden
        es sind beides Sportvereltzungen gewesen und es ist halt nach der ersten Verletzung die 2006 passiert nie ein bleibender Schaden festegestellt worden
        die neue Verletzung ist dann im Winter 2013 passiert und die Operation dann ein paar Monate später
        es handelte sich in beiden Fällen um einen vorderen Kreuzbandriss
        hoffe das ist ausreichend Information
        danke

          Angela Baumeister · 5. März 2015 at 16:02

          Hier im Blog antworte ich gerne mal bei Verständnisfragen zu meinen Artikeln. Eine individuelle Beratung führe ich auf diesem Wege jedoch nicht durch. Ich bitte um Verständnis.

Kitzinger, Heidi · 3. Mai 2015 at 19:47

ich hätte auch ne Frage, nach einem Unfall habe ich inkompletten querschnitt, mehrfache Wirbelsäulenschäden, Fusion und Versteifung in der HWS, starke Depression usw. ich bin unter 3 stunden arbeits fähig und habe nun 50 Prozent Schwerbehinderung (dagegen werde ich noch widersprachen einreichen denn ich kann kaum laufen und meine beiden Hände funktionieren kaum noch und ich habe 24 stunden starke schmerzen da ich Allergie gegen Medikamente habe kann ich nur Tillitin und starke Morphine nehmen) wie viel bekomme ich dann voraussichtlich von der privaten Unfallversicherung? und wie muss ich das beantragen? der Unfall wurde direkt nach eintritt gemeldet und Krankenhaus Geld haben sie auch gezahlt und ich Soll nun Frist zur Meldung der invalidität einhalten

    Angela Baumeister · 11. Mai 2015 at 10:20

    Eine kostenfreie Individualberatung findet in meinem Blog nicht statt. Ich bitte um Verständnis. Wenn Sie ein kostenpflichtiges Mandat übertragen möchten, wenden Sie sich doch bitte über info@versicherungsberaterin.net mit Ihrer Fragestellung erneut an mich.

Thomas Gewitz · 26. Juli 2015 at 11:15

Hallo, leider beantwortet es nicht meine Frage. Hier nochmals die Frage „Doch wie berechnet sich der Invaliditätsgrad bei mehreren Unfällen“. Die Unfälle ereigneten sich innerhalb von drei Jahren nach dem ersten Unfall und standen in einem engen Zusammenhang.

Larissa · 2. September 2015 at 19:18

Hallo , hab da mal eine Frage :

War heute beim Gutachter sozusagen 1 Jahr später meine Grundsumme liegt bei 120 000 € –

Diagnose: Subluxation der Peronalsehne
doppelter Bänderiss im Sprunggelenk

leide seitdem an Schmerzen beim stiegen steigen , abwinkeln des Fuses , kann meinen Fus nicht voll belasten , Habe auch beim Gehen von längeren Strecken starke Schmerzen danach —

wissen Sie wie das aussieht , wieviel Invalidität werde ich da bekommen? lg

Rüdiger seel · 8. Februar 2016 at 12:32

Meine Frau hat Ms ist in der Küche gestürzt und hat sich den Hüftknochen gebrochen. Sie hat jetzt ein künstliches Hüftgelenk. Wird hier ihre Krankheit Invalidität 70 Prozent nun von der Invalidität abgezogen?

Christiane W. · 16. Februar 2017 at 19:55

Hallo…ich hatte im Dez. 2015 ein freizeitunfall.. und hab mir das kreuzband durchgerissen…nach der 1. Op.. wurde es trotz reha usw.nicht so richtig wieder mit strecken und beugen…vor allem Treppen steigen…oder längere Belastung. …sport usw gehen einfach nicht wirklich.im August 2016 war 2.op….wenig Verbesserung. ….jetzt steht im april ein Gutachten an…gibt es da überhaupt eine Chance für einen invaliditätsgrad? Und wieviel ist das in der Norm. .lg christiane

Marina Schmidt · 8. April 2017 at 15:57

Habe eine Sprunggelenksfraktur und eine Unfallversicherung.
Steht mir eine Entschädigung zu??

Simon · 8. September 2021 at 20:13

Wie sieht es denn aus bei einer Subluxation?
Im Verletzungskatalog wird eine Schulter-Luxation mit beispielsweise mit 10.000€ angegeben.
Ist eine Diagnose: „vermutliche Schulter Lux-/ eventuelle Subluxation“ gleichzustellen?
Im Endeffekt wird die Summe ja durch die Invalidität verrechnet. Somit ist die Frage ist eine subluxation mit der selben Invalidität wie eine Luxation zu berechnen?

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