Schweigepflichtentbindung BU

Welche Variante der Schweigepflichtentbindung wählt man im BU Leistungsfall am besten?

Eine wichtige Entscheidung kommt direkt im ersten Fragebogen auf den Versicherten zu, wenn er die Berufsunfähigkeit beantragen möchte.

Schweigepflichtentbindung BU, Foto von Konfuzius New York Chinatown
Wo setzt man sein Kreuz bei der Frage nach der Schweigepflichtentbindung?

Nachdem man sich durch zig Formularseiten gewühlt hat, ist der eine oder andere vielleicht ganz froh, nur ein Kreuz setzen zu müssen. Aber dieses Kreuz hat es in sich. Die Entscheidung sollte also wohlüberlegt getroffen werden, welche Variante der Schweigepflichtentbindung man wählt.

Schweigepflichtentbindung Berufsunfähigkeit

Möglichkeit 1 oder Möglichkeit 2?

Bei den meisten Versicherungen ist Möglichkeit 1 die pauschale Entbindung und Möglichkeit 2 die Einzelfallentbindung. Es gibt aber auch Versicherungen (z. B. Provinzial), die die Möglichkeiten vertauscht haben. Dort ist also Möglichkeit 1 die Einzelfallentbindung.

Und es gibt Versicherungen (z. B. Nürnberger), die gar keine Wahlmöglichkeit lassen, jedoch immer die Einzelfallentbindung annehmen. Die fordern dann also vor jeder nötigen Anfrage eine spezielle Entbindungserklärung zur Unterschrift an.

Bei vielen Versicherungen sind auch schon Einzelfallentbindungen beigefügt (z. B. für die Krankenkasse, für den Versicherungsvermittler, für bestimmte Ärzte, etc.) die Sie dann ergänzen müssen.

Wie unterscheiden sich die Schweigepflichtentbindungen?

Pauschale Entbindung vs Einzelfallentbindung:

Pauschale Entbindung

Die Versicherung fordert alles an. Bei wem sie will und was sie will.

Einzelfallentbindung

Die Versicherung muss in jedem Fall nachfragen, wenn sie etwas anfordern will und dann eine spezielle Einwilligungserklärung für konkret diese Anfrage anfordern.

Jetzt muss man aber dazu sagen, dass die meisten Ärzte, Gutachter und Behörden diese pauschalen Entbindungen gar nicht mehr akzeptieren und immer eine individuelle Entbindung auf eigenem Namen und mit konkreter Anfrage (z. B. zu einem bestimmten Zeitraum, zu einer bestimmten Erkrankung, einer bestimmten Fragestellung, etc.) fordern. Darauf kann man sich aber nicht 100% verlassen, deshalb:

Die Einzelfallentbindung (meistens Möglichkeit 2) ist immer richtig.

Nun kommt aber der nächste Clou: Bei der Einzelfallentbindung gibt es wieder eine Unterteilung, nämlich:

a) Man unterschreibt halt dann für jeden Einzelfall die Schweigepflichtentbindung und gibt dann dem Versicherer im Einzelfall den Freibrief, alles das bei dieser Stelle anzufordern, was er haben möchte oder …

b) … Man besorgt alle Unterlagen selbst. Konkret bekommt man dann die Anfragen vom Versicherungsunternehmen an die entsprechende Stelle (beispielsweise an den Arzt) zugeschickt und leitet diese dann an denjenigen weiter, der dann

ba) die Unterlagen direkt an die Versicherung schickt
(das passiert leider oft auch ohne vorliegende Schweigepflichtentbindung, wenn man nicht x mal darauf hinweist, dass eben keine erteilt wurde) oder

bb) dem Versicherungsnehmer die Unterlagen gibt, der dann drüber gucken kann und sie dann selbst beim Versicherungsunternehmen einreicht.


Exkurs

Informationelle Selbstbestimmung

Es ist im Rahmen der informationellen Selbstbestimmung Ihr gutes Recht alle Unterlagen selbst zu besorgen! In der Praxis gibt es hiermit aber häufiger Probleme. Entweder bei Ärzten, die „das nicht kennen (wollen)“ und Ihnen sagen: „Wir geben alles nur an den Versicherer“ und auch bei den Versicherungsunternehmen selbst. Die sagen häufig: „Wir schicken Ihnen keinen Fragebogen zu. Warum wollen Sie das selbst besorgen? Das ist komisch.“

Das Ärzteproblem habe ich in meinen Mandaten bisweilen auch. Finde dafür aber immer mit Ihnen und dem Arzt gemeinsam eine Lösung, die alle Beteiligten gut finden. Das Versichererproblem habe ich nicht, denn wenn Rechtsvertretungen die Fragebögen selbst anfordern, ist das nicht „komisch“ für den Versicherer sondern Gang und Gäbe.

Wenn Sie nun niemanden an der Seite haben und blind die Schweigepflichtentbindung unterschreiben, haben Sie möglicherweise ein Problem, denn:

Wichtig zu wissen ist: Der Versicherer darf auch Informationen nutzen, die ihm unrechtmäßig zur Kenntnis gelangt sind.

Beispiel: Anfrage an die Krankenkasse. Die Kassen müssen nach dem Gesetz bestimmte Informationen nach bestimmten Zeiten löschen. Machen aber nicht alle. Nun bekommt die Versicherung von der Krankenkasse eine Information, die sie eigentlich nicht hätte bekommen dürfen, weil die Kasse schon hätte löschen müssen. Die Versicherung darf diese Information nutzen. Das ist für Sie möglicherweise nicht nur nachteilig, sondern kann auch den Versicherungsschutz kosten. Siehe auch Thema: vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung.

Fazit: Also wird fast* immer die Einzelfallentbindung gewählt und alle Unterlagen werden selbst beigebracht!
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*fast immer? Es gibt auch einzelne Ausnahmefälle, wo man den Versicherer alle Unterlagen besorgen lassen kann.

Hierbei ploppt für den Laien aber das …

… nächste Problemfenster auf:

Als Laie kann man den Überblick gar nicht haben, was nun kritische / korrekturbedürftige Informationen vom Auskunftgeber sind oder was bedenkenlos an den Versicherer weitergegeben werden kann. Außerdem kann der Laie nicht beurteilen, welche Anfragen des Versicherungsunternehmens vielleicht monierungswürdig oder unvollständig sind. Als Beispiel sei hier die Tätigkeitsbeschreibung genannt. Ist diese vollständig, für den Arzt nachvollziehbar erstellt worden und auch der Anfrage beigefügt?

Ich löse das für Sie:

Und zwar nicht nur die Fragestellung zur Schweigepflichtentbindung sondern auch zu allen anderen Themen, die Ihnen bei der Feststellung der Berufsunfähigkeit begegnen werden.


Angela Baumeister

gebürtige Düsseldorferin, mit Leib und Seele seit 2009 in eigener Kanzlei als Rechtsdienstleisterin (Versicherungsberaterin) tätig. Schwerpunkte: Berufsunfähigkeit Rentenanspruch und Invalidität. Weitere Infos? Gerne: Mehr über Angela Baumeister erfahren Oder anrufen: +49 (0)2154 9534770

1 Comment

Martin · 1. März 2017 at 16:44

Danke, der Beitrag ist tatsächlich hilfreich. Da bei der Alten Leipziger auf den § 203 StGB Bezug genommen wird. Soweit ja in Ordnung aber im letzten Absatz die pauschale Rede davon : außerdem stimme ich zu … Gutachter, Rückversicherer …. und an die für die Alten Leipziger beauftragten Rechtsanwälte. Daten , ohne Grund an Anwälte zu übermitteln, die keine medizinische Ausbildung haben , dienen der Prüfung nicht.

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