Grad der Berufsunfähigkeit

Ab wann zahlt die Versicherung? Wer stellt den Grad fest?


Eine häufige Frage, die an mich herangetragen wird ist: Ab welchem Grad der Berufsunfähigkeit bezahlt wird und wer diesen Grad überhaupt feststellt.

Grad der Berufsunfähigkeit

Die Ermittlung und die Feststellung

Die meisten BU-Verträge haben eine sog. 50% Klausel, das heißt:

Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn man seine letzte Tätigkeit zu mehr als 50% nicht mehr ausüben kann.

Es gibt aber auch Verträge mit Staffel-Regelungen (25%-50%-75% beispielsweise)

Herausforderung ist aber immer den richtigen Grad der Berufsunfähigkeit überhaupt zu ermitteln und festzulegen.

Und wie wird der BU-Grad nun ermittelt?

Nun ist es so, dass jemand, der zu 45% berufsunfähig ist, sich subjektiv nicht viel anders fühlt als jemand, der zu 55% berufsunfähig ist. Die Grenzen sind also fließend und für den Einzelnen oft gar nicht wahrnehmbar.

Dennoch existieren diese Grenzen und je näher man sich in der Grenzregion befindet, desto schwieriger ist mitunter die Durchsetzung des BU Antrages.

Wer legt den Grad der Berufsunfähigkeit fest?

In erster Linie Ihre Ärzte oder der beauftragte Gutachter. Bewertet werden die Teiltätigkeiten, die man noch ausüben kann (Restleistung) und die Tätigkeiten, die man gar nicht mehr ausüben kann. Und natürlich auch die Tätigkeiten, die man immer noch ausüben kann.

Diese Einschätzung und Abgrenzung ist auch für Ärzte mitunter schwierig. Umso wichtiger ist, dass der Arzt auch Informationen zu Ihrer letzten Tätigkeit hat. Hierfür dient unter anderem die Tätigkeitsbeschreibung, die Sie mit dem BU-Fragebogen einreichen.

Viele Berufe sind sehr erklärungsbedürftig und ein Arzt kann unmöglich alle Teiltätigkeiten kennen, die jeder einzelne Beruf mit sich bringt. Deshalb ist es wichtig, dass der Arzt / Gutachter gut gebrieft wird.

Wenn dem Leistungsantrag schon keine gute Tätigkeitsbeschreibung beiliegt, wird es dem Gutachter noch schwerer gemacht, als es für ihn sowieso schon ist.

Der Zeitfaktor (Arbeitszeit)

Ist der Zeitfaktor das alleinige Entscheidungskriterium für die Ermittlung des BU-Grades?

Der Zeitfaktor, also die noch mögliche Arbeitszeit ist ein Indiz – ein Teilaspekt. Aber die noch mögliche Arbeitszeit zählt lange nicht alleine.

Es ist nicht so, dass jemand der vorher 8 Stunden gearbeitet hat und nun nur noch 4 Stunden arbeiten kann, automatisch berufsunfähig ist. Vielmehr muss jede einzelne Teiltätigkeit berücksichtigt werden. Es kann daher durchaus auch sein, dass jemand noch 6 Stunden arbeiten kann, berufsunfähig ist, auch wenn er – rein vom Zeitfaktor her – die 50% nicht erreicht. Nämlich dann, wenn prägende Teiltätigkeiten weggefallen sind bzw nicht mehr verrichtet werden können.

Es muss ein sinnvolles Arbeitsergebnis möglich sein!

Prägende Tätigkeiten / Haupttätigkeiten

Was ist damit gemeint?

Prägende Tätigkeiten bzw Haupttätigkeiten sind die Tätigkeiten, die Ihren Beruf ausmachen. Ohne diese Tätigkeit wäre Ihre Beruf nicht mehr der, der er ist.

Bei mir ist beispielsweise eine Haupttätigkeit die Beratung und Hilfestellung beim Ausfüllen des BU-Fragebogens und natürlich auch die Klärung der Frage, ob der Grad der Berufsunfähigkeit auch erreicht wird / erreicht werden könnte.

Die prägenden Tätigkeiten setzen sich von den Nebentätigkeiten ab. Nebentätigkeit wäre bei mir zum Beispiel das Schreiben von Fachartikeln für diesen Blog.

Grad der Berufsunfähigkeit

Tätigkeitsbeschreibung beim Leistungsantrag

Warum ist diese so wichtig?

Die Tätigkeitsbeschreibung ist quasi das Herz des BU-Leistungsantrages. Mit dieser Tätigkeitsbeschreibung werden dem Arzt / Gutachter die Kriterien an die Hand gegeben, nach der er den Grad der Berufsunfähigkeit festlegen muss.

Dabei muss er jede beschriebene Teiltätigkeit bewerten. Fehlen in der Tätigkeitsbeschreibung wichtige Teiltätigkeiten oder kann sich der Gutachter nichts darunter vorstellen, kommt es hier mitunter zu falschen Ergebnissen.

Außerdem dient die Tätigkeitsbeschreibung und die aufgeführten Teiltätigkeiten in der Erstprüfung oder später im Nachprüfungsverfahren auch als Grundlage, ob Sie auf einen anderen Beruf konkret oder abstrakt verweisbar sind.

Wie soll die Tätigkeitsbeschreibung aussehen?

Das ist sehr stark vom Einzelfall und vielen Faktoren abhängig.

  • Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass es eine Rückkehr in den alten Beruf gibt?
  • Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass es eine Rückkehr in einen anderen Beruf gibt?
  • Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass nach einer Umschulung konkret verwiesen werden kann?
  • Wie nahe ist die letzte Tätigkeit an der üblichen Vorstellung über einen Beruf angesiedelt?
  • Wie erklärungsbedürftig ist die letzte Tätigkeit
  • Wie ist das Zusammenspiel von Gesundheitsfaktoren auf die Tätigkeit
  • Wie klar wird der Grad der Berufsunfähigkeit voraussichtlich erreicht werden

Das ist nur ein Auszug aus den Fragen, die man sich stellen muss, bevor man sich an die Tätigkeitsbeschreibung setzt.

Ist die Tätigkeit das alleinige Kriterium für die Frage

ob Sie berufsunfähig sind oder nicht?

Nein, denn die Tätigkeit bzw jede einzelne Teiltätigkeit muss in Bezug zu Ihrer Erkrankung gesetzt werden. Auch hier kann man beim BU Rentenantrag schon gut vorarbeiten. Schlussendlich setzt die Einschränkungen, die sich aus Ihrer Erkrankung ergeben, auch wieder der Arzt/Gutachter fest.

Wichtig ist vor allem, dass die Tätigkeitsbeschreibung plausibel ist und möglichst keine Angriffspunkte bietet. Der Versicherer soll keine Chance bekommen, die letzte Tätigkeit zu bestreiten.

Fazit:

Der Grad der Berufsunfähigkeit ist ein häufiges Streitthema mit dem Versicherer. Man kann hier ein wenig vorsorgen, indem man im Fragebogen schon alles gut vorbereitet. Auch auf die behandelnden Ärzte hat man insofern etwas Einfluss, als dass man mit ihnen vorab klären kann, wie diese den Grad der Berufsunfähigkeit einschätzen. Unkalkulierbar ist leider die Einschätzung eines vom Versicherer beauftragten Gutachters, dies gerade bei Grenzfällen.

Wie lassen sich Diskussionen mit dem Versicherer vermeiden?

Das geht häufig mit:

  • einer realistischen Einschätzung Ihres Falles anhand der bisherigen Unterlagen
  • einem ideal ausgearbeiteten BU-Leistungsantrag
  • einer vorherigen Absprache mit den behandelnden Ärzten, auch zur Frage, ob der Grad der Berufsunfähigkeit wohl erreicht werden wird
  • einer zum Fall passenden und schlüssigen Tätigkeitsbeschreibung.

Brauchen Sie Hilfe beim BU-Leistungsantrag?

Fordern Sie jetzt unverbindlich Ihr Beratungsangebot an. Ich werde einige wenige Unterlagen von Ihnen brauchen. Welche das sind, teile ich Ihnen mit, wenn Sie mir Ihren Fall kurz schildern. Bitte beachten Sie, dass ich nur Komplettmandate annehme. Isoliert nur zur Tätigkeitsbeschreibung berate ich nicht.



Angela Baumeister

gebürtige Düsseldorferin, mit Leib und Seele seit 2009 in eigener Kanzlei als Rechtsdienstleisterin (Versicherungsberaterin) tätig. Schwerpunkte: Berufsunfähigkeit Rentenanspruch und Invalidität. Weitere Infos? Gerne: Mehr über Angela Baumeister erfahren Oder anrufen: +49 (0)2154 9534770

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