Fehlinformationen Versicherungsrecht


Das Internet ist leider voll von Fehlinformationen in Sachen Versicherungsrecht.

Gründe können sein:

  • Alte Artikel, die noch das VVG vor der Reform betreffen
  • Ältere Artikel, die mittlerweile von Rechtsprechung überholt wurden
  • Fehlinformationen durch die Presse
    (Journalisten sind Journalisten und keine Versicherungsexperten. Sie können nur so gut/schlecht sein, wie der Informant oder sein eigenes Verständnis über den mitgeteilten Sachverhaltes)
  • Stille Post
    (Irgendein „Wichtiger“ verbreitet etwas und alle laufen, wie die Lemminge hinterher)
  • Keine Ahnung von der Materie – aber man hat halt mal was gesagt
Fake News Versicherungsrecht

„Berühmte Fail-Beispiele“

» Kinder müssen in die PKV

Nein, nein und nochmals nein. Sie müssen nicht. Nicht, wenn ein Elternteil in der GKV ist.
Man hat dann immer die Wahl. Die Frage ist dann nur, ob mit oder ohne eigenen Beitrag sprich als Familienversicherung oder als freiwillige Versicherung. 


» Gesundheitsfragen

Sätze wie: „Das müssen Sie nicht angeben“, „man muss seine Gesundheitshistorie nicht aufarbeiten“, „Kleinigkeiten sind unwichtig“, etc. pp., sterben leider nicht aus.

Kreuzgefährlich ist das, liebe Leute. Gesundheitsfragen sind immer und ausnahmslos ehrlich und vollständig vom Versicherungsnehmer zu beantworten. 


» PKV und geschlossene (vergreiste) Tarife

Natürlich gibt es PKV-Tarife, die geschlossen sind und teurer werden. Das hat aber weder damit zu tun, dass sie geschlossen sind, noch damit, dass der Tarif vergreist. Was soll das überhaupt sein? Wie soll ein Tarif vergreisen? Wenn, dann greisen maximal Sie selbst, zusammen mit Ihrem Kollektiv; aber nicht der PKV-Tarif. Sie sind 50? Gut, dann haben Sie sich weder für die 28jährigen, noch für die 96jährigen zu interessieren, die auch in dem Tarif versichert sind. Wenn überhaupt kann das Thema Entmischung heißen, d.h. mehr Kranke als geplant und größere Abwanderung von Gesunden als geplant.


» Der Versicherer ist sehr kulant

Es gibt keine Kulanz. Darf es nicht geben. Jede Leistung, die der Versicherer auszahlt, obwohl sie dem Versicherten nicht zusteht, ist Betrug an der Versichertengemeinschaft. Entweder steht Ihnen die Leistung sowieso zu. Oder der Fall ist grenzwertig und der Versicherer möchte einen Rechtsstreit vermeiden, dann kann er natürlich zur Kostenabwendung einen Betrag X zur Verfügung stellen. Einfach so etwas schenken, darf er Ihnen nichts. Deshalb ist es auch unsinnig, dem Argument zu folgen:


» Wenn man alles bei einem Versicherer hat, ist das besser im Leistungsfall

Solange Sie kein Groß- und Firmenkunde beim Versicherer sind, ist es für den Leistungsfall unerheblich, ob Sie Hausrat, Haftpflicht, Unfall, Kfz und Co. bei einem Versicherer haben oder nur den einen Vertrag. Das ändert nichts an der Bearbeitung. Was ggf. hilfreich ist (sein kann) ist, wenn der Versicherungsvermittler ein „Großer“ ist, also viele Verträge an das Unternehmen vermittelt.


» Die Prozess- und/oder Beschwerdestatistik des Versicherers ist gut/schlecht

1. Sagt diese Statistik 0,nix über Ihren eigenen individuellen Leistungsfall und dessen Bearbeitung aus

2. Sind in dieser Statistik auch unberechtigte Beschwerden/Statistiken erfasst

3. Stellt nicht jeder Versicherer die Daten zur Verfügung. Eine Weigerung, die Daten mitzuteilen, muss nicht heißen, dass der Versicherer etwas zu verbergen hat. Vielleicht hat er es nur einfach nicht nötig?

4. Ist die Statistik heute wertlos, wenn Ihr Leistungsfall in X Jahren eintritt. Neuer Vorstand, neue Abteilungsleitung, neue geschäftspolitischen Entscheidungen, neue Rechtslage, usw.

5. Wenn ein Versicherer mit 50.000 Versicherten 3 Beschwerden hat, ist das nun besser oder schlechter als der Versicherer, mit 500.000 Versicherten und 5 Beschwerden? Gerade im Bereich BU, der ja zur Lebensversicherung gehört, werden Sie kaum eindeutige Zahlen bekommen


Wem fällt doch eine Versicherungs-Urban-Legend ein? Gerne über Kommentarfunktion ergänzen.

Herzlichen Dank an das Tagesbriefing für die Versicherungswirtschaft für die Erwähnung dieses Artikels als Tagesthema. Vielleicht wird die Liste jetzt ja noch ein wenig länger?


Vielen Dank auch an Pfefferminzia, die sich dem Thema auch heute widmen.


Die nachstehenden Ergänzungen sind Meinungsäußerungen der jeweiligen Verfasser. 

Erste Ergänzung von Versicherungsmakler Matthias Helberg:
Verbreitung fehlerhafter / veralteter Testergebnisse von Stiftung Warentest und Co.

Versicherungsmakler Frank Dufeu ergänzt: Anstiftung zur Fudelei zum Erhaschen günstiger(er) Kfz-Tarife, z.B. weniger KM-angeben, Einzelfahrer, Garage obwohl nicht vorhanden….

Versicherungsmakler Gerd Kemnitz ergänzt: Ich möchte hierzu die Aussage „Grundfähigkeits-, Funktionsinvaliditäts- und Erwerbsunfähigkeitsversicherungen sind preiswerte Alternativen zur Berufsunfähigkeitsversicherung“ ergänzen. Denn diese Versicherungen sind wegen des lückenhaften Versicherungsschutzes keine Alternativen – sondern maximal Notlösungen. Und unter Berücksichtigung des deutlich geringeren Versicherungsschutzes sind diese Notlösungen dann auch keinesfalls preiswert.

Versicherungsvermittler Dr. Wolfgang Otto schreibt per Mail:

Vielen Dank für Ihren tollen Artikel, den ich über das Tagesbriefing gelesen habe. Ich werde ihn auch für meine Kunden teilen, denn zu 99 % habe ich die gleiche Meinung wie Sie. Das eine Prozent Abweichung gilt für den Punkt: Mehrere Privatversicherungen bei einem Versicherer bringen nichts. Sicher bringt das dem Kunden nicht unbedingt einen finanziellen Vorteil im Schadensfall.
Aber, es vereinfacht ungemein die Schadensabwicklung für den Kunden, den Vermittler und auch den Versicherer, wenn sie sich mit einem Fall nur einmal befassen müssen. Ich denke dabei besonders an die häufig auftretenden Leitungswasserschäden, welche das Zusammenspiel von Gebäude- Hausrat- und Haftpflichtversicherung erfordern.
Trotz dieser kleinen Anmerkung– eine ganz tolle Veröffentlichung!

Versicherungsmakler Matthias G. Knitschke schreibt: Sehr schöner und vor allem wichtiger Artikel. Zum Thema Krankenversicherung fällt mir noch folgende Fail-Aussage ein: “einmal privat, immer privat”. Eine häufig anzutreffende und sich hartnäckig haltende Falschaussage.

Versicherungsmakler Walter Benda schreibt: Jaja, die “guten” alten Vertriebslügen und allgemeinen Gerüchte. Schön ist auch:

“Die Haftpflicht zahlt, wenn Ihnen was kaputt geht.”
“Die Private ist billiger als die Gesetzliche.” (Mag ja sogar temporär noch sein)
“Als Privater bekommst Du überall alles bezahlt.”
“Ohne die Kreditversicherungen steigt der Zins.”
“Versicherungsleistungen sind immer steuerfrei.” (Ok, auch das ist manchmal so).




Angela Baumeister

gebürtige Düsseldorferin, mit Leib und Seele seit 2009 in eigener Kanzlei als Rechtsdienstleisterin (Versicherungsberaterin) tätig. Schwerpunkte: Berufsunfähigkeit Rentenanspruch und Invalidität. Weitere Infos? Gerne: Mehr über Angela Baumeister erfahren Oder anrufen: +49 (0)2154 9534770

24 Comments

Matthias Helberg · 27. Februar 2015 at 11:39

Das wird aber eine lange Liste, liebe Angela. Was m. M. nach auf jeden Fall rein muss: 3 von 4 Berufsunfähigkeitsversicherungen sind „sehr gut“. Also die Verbreitung veralteter, fehlerhafter Test-Ergebnisse von Stiftung Warentest & Co.

    Angela Baumeister · 27. Februar 2015 at 11:45

    Lange Listen sind toll 😉
    Stimmt: Diese „tollen“ Testergebnisse verschwinden leider auch nicht wirklich.

Frank Dufeu · 27. Februar 2015 at 13:29

Bei der Berechnung der Kfz Prämien geben wir mal eine Garage an und wenig Kilometer …. dann wird es günstiger ……hat mein Bekannter auch gemacht …… achja .. und bitte Einzelfahrer das drückt nochmal die Prämie .. war ein Tipp von einem anderen Bekannten ……

Gerd Kemnitz · 27. Februar 2015 at 14:22

Ich möchte hierzu die Aussage „Grundfähigkeits-, Funktionsinvaliditäts- und Erwerbsunfähigkeitsversicherungen sind preiswerte Alternativen zur Berufsunfähigkeitsversicherung“ ergänzen. Denn diese Versicherungen sind wegen des lückenhaften Versicherungsschutzes keine Alternativen – sondern maximal Notlösungen. Und unter Berücksichtigung des deutlich geringeren Versicherungsschutzes sind diese Notlösungen dann auch keinesfalls preiswert.

    Thorulf Müller · 2. März 2015 at 13:57

    Sorry, aber das ist nicht wirklich richtig, wenn es auch nicht falsch ist.

    Wie immer liegt die Wahrheit im Auge des Betrachters, oder ganz konkret im Fall um den es geht.

    Die BU, so wie sie heute angeboten wird, ist für viele nicht erreichbar oder nicht finanzierbar! Und eine leistungsschwächere Alternative kann besser sein als keine Absicherung.

    Aktuell sind viele Menschen in den „teuren“ Berufsgruppen ohne Schutz. Das ist die Herausforderung.

      Gerd Kemnitz · 3. März 2015 at 00:55

      Grundsätzlich stimme ich Ihnen zu. Aber nur weil beispielsweise eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung besser „als keine Absicherung“ sein kann, ist sie deswegen keine Alternative zur Berufsunfähigkeitsversicherung – sondern eben nur eine Notlösung. Und das muss dem Verbraucher auch so deutlich gemacht werden. Wohl klingende Umschreibungen wie „preiswerte Alternative“ oder auch „leistungsschwächere Alternative“ marketingtechnisch gut gewählte Ausdrücke. Sie können den Verbraucher verleiten, sich wegen eines zu hohen Beitrags (z.B. wegen ungünstiger Berufsgruppeneinstufung oder eines Risikozuschlag) bei Versicherer X voreilig für solch eine „Alternative“ zu entscheiden, obwohl Versicherung Y ihn zu durchaus bezahlbaren Beiträgen auch gegen Berufsunfähigkeit versichert hätte.

Thorulf Müller · 27. Februar 2015 at 15:08

Angela Baumeister, danke für diesen tollen Artikel, den ich gerne verlinke!

Thorulf Müller
derKVProfi

E. Daffner · 2. März 2015 at 09:39

Ist schon toll, wenn das Kind in der GKV versichert werden kann, während der Papa die Vorteile der PKV genießen kann. Das nenne ich elterliche Fürsorge. Oder gibt es keinen Unterschied zwischen PKV und GKV?

Warum sollte es keine Kulanz geben? „Kulanz bezeichnet allgemein ein Entgegenkommen zwischen Vertragspartnern“ so Wikipedia. Und warum sollte das Entgegenkommen bei einem rundum versicherten Kunden nicht größer sein als bei einem Ein-Vertrag-Kunden. Wenn durch ein kulantes Verhalten ein Kunde nicht kündigt, dann kommt das doch auch der Versichertengemeinschaft zugute. Es bleibt ein zahlender Kunde erhalten.

Im Übrigen ist es kulant, wenn ein Versicherer in der Schadenversicherung ein Kostenangebot netto ohne Abzug reguliert oder handelt der Versicherer, der allgemein 30% abzieht vertragswidrig?

Ist es nicht auch erschreckend, dass der Versicherungsombudsmann von nicht zulässigen Beschwerden berichtet? Und diese Zahl zur Gebäudeversicherung größer ist als die Anzahl der zulässigen Beschwerden!

    Thorulf Müller · 2. März 2015 at 14:01

    GKV oder PKV, es geht um das MUSS nicht um das KANN. Was im einzelnen Fall richtig oder falsch ist, ist immer im Einzelfall zu unterscheiden.

    Das Gegenteil von GKV ist auch nicht PKV, sondern Selbstzahler! PKV ist nur die Rückversicherung des Selbstzahlers.

    Kulanz ist immer eine Frage des individuellen Falls, aber zu Glauben, dass börsennotierte Konzerne wirklich „KULANZ“-Leistungen gewähren, ist absurd. Ggf. wird etwas großzügiger oder auch kleinlicher agiert. Als Versicherungsberater erkenne ich aber aktuell einen Trend, der ganz klar in Richtung wortwörtliche Auslegung der Versicherungsbedingungen geht.

    Was aber nun konkret Ihre Aussage sein soll, ist mir noch nicht zugänglich!

F Peters · 2. März 2015 at 14:29

Sehr schöner Bericht und SOWAS sollte viel öfter geschrieben werden!

Was meines Erachtens auch hier her gehört ist die Aussage: „.. jeder 4. wird im Laufe seines Lebens berufsunfähig!“ Das stimmt doch so einfach nicht!

In diesem Zusammenhang möchte ich hier auch mal fragen:

wieviele Menschen in Eurem Umfeld oder Eurer Kundschaft sind tatsächlich dauerhaft BU geworden und erhalten eine monatliche Rente?

wieviele Menschen kennt Ihr, die einen Herzinfarkt erlitten haben, einen Schlaganfall oder die an Krebs erkrankt sind?

Ich habe vor ein paar Jahren eine Umfrage dazu gemacht, wo bei Frage 1 im Schnitt nur eine Person genannt wurde, bei Frage 2 aber durchschnittlich 5(!). Ich finde, daher sollte man als Makler nicht nur über Alternativen zur BU, sondern vor Allem über „Dread Desease“ intensiv nachdenken.

Es gar nicht anzubieten oder den Kunden darüber zu erzählen, ist meines Erachtens schwer fahrlässig!

    Thorulf Müller · 2. März 2015 at 16:23

    Sorry, aber eine Dread Disease Versicherung ist für die Arbeitskraftsicherung exakt so geeignet, wie eine Risikolebensversicherung für eine Altersversorgung.

    Es dient der Absicherung von z. B. Krediten/Darlehn, oder als Keyman-Police in der Wirtschaft.

    Es ist in vielen Bereichen eine wichtige Ergänzung einer Arbeitskraftsicherung.

      Frank Peters · 2. März 2015 at 19:08

      Ich habe auch nicht geschrieben, dass es eine Alternative zur BU ist!

      Vielmehr stelle ich bei meiner täglichen Arbeit fest, dass es die Masse der Bevölkerung nachdem es mittlerweile über 15 Jahre am deutschen Markt existiert, noch gar nicht kennt, weil es die meisten Makler gar nicht mit anbieten und das halte ich für falsch.

      Zudem teile ich Ihre Meinung nicht, dass es als Arbeitskraftabsicherung überhaupt nicht geeignet ist. Klar ist es keine AKA, wie ein BUV aber jemand, der an Krebs erkrankt oder einen schweren Herzinfarkt erleidet und das sind in D immerhin jedes Jahr über 500.000 Menschen, wird zumeist gar nicht dauerhaft BU sein.

      Will er sich dann nachhaltig um seine Genesung kümmern, was insbesondere bei Krebs auch mal länger dauern kann, ist es sicherlich nicht verkehrt, wenn derjenige (insbesondere Selbstständige) sich die ausgezahlte Summe z.B. über einen gewissen Zeitraum monatlich als zusätzliches Gehalt auszahlen kann.

      Ihre Aussage, die DD zur Absicherung von Darlehen oder als Keyman-Police zu verwenden, ist natürlich absolut korrekt aber selbst das wird von kaum einem Makler angeboten – leider!

Ruth Reinhardt · 2. März 2015 at 17:38

Hallo Angela Baumeister, sehr interessanter Artikel gegen Halbwahrheiten im Netz und in der Presse.

Christian Rogalewicz · 3. März 2015 at 09:32

Danke für diesen informativen Beitrag. Was mir spontan als Ergänzung eingefallen ist und ich hiermit anregen möchte, ist die Erkenntnis beim Kunden, dass eine Sachversicherung eine reine Risikoabsicherung ist. Bei solchen Kunden hört man durchaus im Schadenfall Aussagen wie „Ich habe Jahr für Jahr eingezahlt, die müssen jetzt auch mal zahlen“! Vielen fehlt die nötige Einsicht nach noch so guter Beratung, dass eine Risikoabsicherung nicht das Ziel von eigener Gewinnmaximierung sein kann. Passt u. U. nicht direkt zur eigentlichen Überschrift des Beitrages aber ganz gut zum Verlauf.

Was die angesprochene Kulanz betritt, ist es sicherlich auch eine generelle Frage der Schadenhöhe. Daher bin ich der Meinung, dass es diese durchaus gibt, insbesondere im Haft- oder Sachversicherungsbereich. Sicherlich werden die Versicherer diese intern nicht mit dem Vermerk „Kulant“ verbuchen!

Andreas Kurka · 3. März 2015 at 10:26

Vielen Dank – toller Artikel.

Herzliche Grüße aus Potsdam
Andreas Kurka

Angela Baumeister · 3. März 2015 at 10:54

Liebe Leute, ich danke ganz herzlich für das positive Feedback zum Artikel 🙂

Da hier in der Diskussion zwei Dinge vermengt werden, die m.E. nicht vermengt gehören, hierzu noch ein Statement.

Einerseits haben wir die Fehlinformationen im Netz, über die ich berichten wollte. Das sind Aussagen, die schlicht und ergreifend falsch sind, wie eben das Beispiel mit „Kinder in die PKV“.

Natürlich können aber Beratungsansätze und Beratungsergebnisse individuell unterschiedlich sein. Wir sind alle Menschen und haben unsere Meinung, Vorlieben, eigenen Ängste. Jeder Berater wird bewusst/unbewusst auch seine eigenen Befindlichkeiten in die Beratung einfließen lassen. Verbraucher sind hierfür unterschiedlich empfänglich, teilen Ängste vielleicht (oder eben nicht). Dazu kommt, dass jeder Versicherte andere Grundvoraussetzungen hat.

Deshalb kann es natürlich auch ein mögliches Beratungsergebnis sein, ein Kind in die PKV zu geben, obwohl es auch in die GKV gegeben werden könnte. Mein Anliegen ist es, darauf hinzuweisen, dass es eben kein „Muss“ gibt, wenn ein Elternteil in der GKV versichert ist. Und dass die PKV per se „besser“ ist als die GKV, ist auch ein hartnäckiges Gerücht.

Was, wenn dieses Kind krank auf die Welt kommt oder im Laufe des Lebens erkrankt? Nicht nur ein bißchen. Sondern richtig schwer. So schwer, dass es voraussichtlich niemals in der Lage sein wird, selbst eine GKV-Pflicht auszulösen? Mit dieser Problematik kann man umgehen. Aber man muss darüber wissen. Um eben auch mit allen relevanten Informationen entscheiden zu können und zu dürfen, welche Lösung individuell für diese Familie die Beste ist. Sarkasmus ala „Klar, der Papi ist toll in der PKV und das Kind darf nur GKV versichert sein“ ist weder hilfreich, noch richtig. Ein schwerstbehindertes Kind *ist* in der GKV sehr viel besser aufgehoben, als in der PKV. Wobei man da natürlich auch wieder gucken muss, *wo* genau ist denn nun der Papi versichert?

Genauso kann für den einen eine Dread Disease eine gute Lösung sein, vielleicht auch die einzig mögliche. Für den anderen eben nicht. DAS sind immer individuelle Beratungsergebnisse. Hier geht es dann ggf. eher um passend/unpassend.

Es gibt Leute, die finden eine Berufsunfähigkeitsversicherung überflüssig. Das ist weder falsch noch richtig. Jedem Menschen ist selbst zu überlassen, welches Risiko er selber tragen kann und will und welches er an einen Versicherer abgibt. Falsch ist es jedoch, einen Menschen, der sich *für* eine BU entscheidet, mit unsicherem Versicherungsschutz auszustatten, in dem bei den Gesundheitsfragen gefudelt wird.

Mir geht es mit diesem Artikel daher um echte „Fails“ – echte Fehlaussagen, die schlicht und einfach und ohne Diskussion falsch sind.

Zur Kulanz: Sicherlich gibt es immer mal – gerade bei Kleinschäden – die Leistung „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“. Das ist aber keine echte Kulanz, sondern eher der Tatsache geschuldet, dass der Versicherer abwägt, was jetzt teurer ist. Wenn ich eine KHT-Leistung von 500,00 € auszuzahlen habe, mich das Gutachten zur Klärung der Zusammenhangsfrage aber 1.000,00 € kostet, dann wäre ich als Versicherer schön blöd, wenn ich nicht „ohne Anerkennung“ einer Rechtspflicht zahlen würde. Das sind dann eben genau die Grenzfälle, wo es dem Versicherer für eine Ablehnung nicht reicht, die Prüfung oder die Auseinandersetzung aber viel kosten- und/oder zeitaufwendiger wäre, als die Zahlung.

Und sonst: Traue nie einer Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast 😉 Ich weiß nicht, ob wirklich jeder 2., jeder 4. oder jeder 6. berufsunfähig wird. Keiner von uns wird dies nachprüfen können. Ich sehe nur, dass ich viele Anfragen zum Thema habe und es viele Menschen (auch in Bürojobs) gibt, die ihren Versicherer in Anspruch nehmen müssen.

Michael Reinders · 3. März 2015 at 12:39

Sehr interessant, ihr Einverständnis voarusgesetzt verlinke ich den Artikel.

Danke
Michael Reinders

    Angela Baumeister · 4. März 2015 at 14:50

    Sehr gerne 🙂

Matthias G. Knitschke · 3. März 2015 at 23:04

Sehr schöner und vor allem wichtiger Artikel.
Zum Thema Krankenversicherung fällt mir noch folgende Fail-Aussage ein: „einmal privat, immer privat“. Eine häufig anzutreffende und sich hartnäckig haltende Falschaussage.

    Thorulf Müller · 4. März 2015 at 15:37

    Ja, das ist auch falsch und dennoch nicht ganz richtig.

    Wenn sich nichts an meinem Staus ändert, dann ist es tatsächlich so.

Walter Benda · 6. März 2015 at 01:14

Jaja, die „guten“ alten Vertriebslügen und allgemeinen Gerüchte. Schön ist auch:

„Die Haftpflicht zahlt, wenn Ihnen was kaputt geht.“
„Die Private ist billiger als die Gesetzliche.“ (Mag ja sogar temporär noch sein)
„Als Privater bekommst Du überall alles bezahlt.“
„Ohne die Kreditversicherungen steigt der Zins.“
„Versicherungsleistungen sind immer steuerfrei.“ (Ok, auch das ist manchmal so).

Gibt bestimmt noch mehr. Danke für den Artikel, habe gelacht, und das kann man nie genug. 😉

    Angela Baumeister · 6. März 2015 at 07:46

    Sehr schön! Danke für die Beispiele.

Daniel · 9. März 2015 at 23:18

Ein sehr lesenswerter Artikel und eine lange Liste. Zu hören bekam ich immer wieder: Berufsunfähigkeitsversicherungen sind unbezahlbar, dass ist definitiv falsch, sie werden nur mit dem Alter teurer. Weiter so!

Severina · 22. August 2015 at 15:17

Ein interessanter Artikel, was mir so spontan einfällt, ist:
– Zusatzversicherungen benötigt man nur für Luxusbehandlungen – leider falsch vor allem was das Thema Zähne angeht.
– Die Hausratversicherung zahlt, wenn mein Fahrrad beschädigt wird.

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